Mette Presthagen

Mette Presthagen

Interview: Bjarte Frøyland | Photography: Brian Benton | Location: Brooklyn (NYC), US

Wie so viele andere verliebte Mette Presthagen sich schon bei ihrem ersten Besuch in die Stadt New York. Allerdings gab sie sich – anders als die meisten – nicht mit einem Besuch zufrieden. Sie wollte dort leben. 2012 packte sie ihren Koffer in Norwegen, nahm das Flugzeug und schaute nie zurück. Heute lebt sie ihren Traum in Brooklyn, arbeitet mit Firmen, die etwas mehr als nur Profit machen, Firmen, die für die UN die Nachhaltigkeitsziele aufstellen und sich auf die Planung einer besseren Zukunft konzentrieren.  

Wir haben den Atlantik überquert, um Mette zu treffen, uns ihre Lieblingsplätze in der Nachbarschaft zeigen zu lassen und an einer Brunost Party mit Freunden auf einer Dachterrasse in Brooklyn teilzunehmen.

Mette! Wie geht’s dir?

Danke, gut! Heute ist so ein schöner Tag. Wunderbar sonnig und 26 Grad.

Ich hoffe, du hattest eine Menge schöner Tage, seit du vor 5 Jahren hierhergezogen bist. Wie ist es dir ergangen?

Gut, ganz zweifellos. Die ersten zwei Jahre hatten den ganz besonderen Zauber des Anfangs, alles war einfach immer wundervoll; selbst das Subwaysystem war ein Geschenk. Danach wurde ich etwas abgebrühter und begann vieles als selbstverständlich zu nehmen, so als ob das nun meine Stadt geworden wäre. Zum Beispiel verlor ich die Geduld mit Menschen, die auf der Rolltreppe links stehen blieben oder unberechenbar die Straßen überquerten. So ist das mit dem Verlieben, am Anfang bist du verrückt, dann, wenn die Schmetterlinge im Bauch sich beruhigen, bist du einfach nur zufrieden mit dem, was du tatsächlich hast und da soll dir möglichst keiner querkommen.

Mette Presthagen at Rooftop in Brooklyn

Wieso bist du in New York gelandet?

Ich wünschte, ich hätte eine bessere Geschichte, aber es ist die gleiche wie bei allen, das Klischee, du kommst in die Stadt und fühlst, dass du hierhergehörst. Alles macht einfach Sinn. Ich habe mich gleich beim ersten Mal verliebt. Ich kam 2010 als Backpackerin her und wusste sofort, dass ich irgendwann hier leben wollen würde. Dennoch kehrte ich nach Norwegen zurück und blieb dort weitere 2 Jahre, bevor ich 2012 nach New York umzog.

Hattest du einen Job in Aussicht, oder irgendetwas, das dich erwartete, oder hast du einfach gepackt und bist losgezogen?

Ich habe ziemlich spontan gepackt und bin aufgebrochen. Ich studierte damals Public Relations und Betriebswirtschaft in Oslo, aber ich wollte nicht länger dort bleiben. Also machte ich eine Bewerbung an einer Schule hier klar und kam so bald wie möglich her.

Und heute, was machst du in der Stadt? Auf deiner Visitenkarte las ich: „Mette Presthagen – Gets shit done.“ Nicht weniger und nicht mehr.

So ziemlich. (Mette lacht.) Ich habe festgestellt, dass eine Menge Leute genau das brauchen: getting shit done.
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Aber was genau ist es, das du geregelt kriegst?

Ich würde sagen, meine Spezialität ist es, in ein brennendes Projekt einzusteigen, um den Brand zu löschen. Ich werde normalerweise als Projektleiterin für Teams und Projekte engagiert, die unter Zeitdruck stehen, kurz vor der Deadline. Dann arbeite ich mit ihnen bis zur Deadline und Umsetzung und dann bin ich wieder raus.

Du magst also Zeitdruck, verstehe ich das richtig?

Ja, das tue ich. Deadlines kriegen mich ans Arbeiten. Sie bringen mich dazu, den Mist zu erledigen.

Welche Projekte hattest du zuletzt auf der Agenda?

Die letzten zwei Jahre habe ich mich mit den Auswirkungen von Technologie beschäftigt, etwas wofür ich mich leidenschaftlich interessiere. Da möchte ich unbedingt weitermachen. Ich möchte für und mit Unternehmen arbeiten, die mehr machen als einfach nur Profit.

Du hast in den letzten Monaten für ein Projekt in Norwegen gearbeitet?

Genau. Ich habe am Katapult Future Fest gearbeitet.

Ich glaube, das musst du erklären.

Katapult Future Fest ist ein zweitägiges Tech Festival in Oslo. Es fokussiert sich auf die Verbindung von exponentiellen Technologien und wirksamen Investitionen für eine bessere Zukunftsgesellschaft. Durch das Zusammenbringen von Investoren, Unternehmern, Start-ups, Change-Managern und Körperschaften aus der ganzen Welt, wollen wir eine Community bilden, eine Bewegung und einen Knotenpunkt. Die Kombination aus allem wird die Antwort auf die Nachhaltigkeitsziele der UN sein.

Was definierst du als Schlüsselfaktor, um diese von der UN gesetzten Ziele zu erreichen?

Die UN sagt, um die 17 Ziele zur Entwicklung der Nachhaltigkeit zu erreichen, benötigen wir jährlich 2,5 Billionen US-Dollar jährlich aus dem privaten Sektor. Bisher habe ich das Gefühl, dass es ein Tabu ist, mit einer guten Sache Geld zu machen. Wenn wir ein Ökosystem erschaffen könnten, bei dem wir Werte und Profit schaffen, mit Geschäftsideen, die etwas Gutes für die Welt und gleichzeitig für das Geschäft leisten: Daran würde ich begeistert mitarbeiten.

Du schaust also trotz der Herausforderungen, denen wir gegenüberstehen, optimistisch in die Zukunft; und du glaubst, dass Technologie uns weiterbringt?

Absolut. Technik ist die Lösung. Nein, lass mich anders formulieren, Technik ist das Werkzeug, das uns zur Verfügung steht. Deswegen arbeite ich so passioniert mit Start-ups und Unternehmern, die fragen: „Was kann ich tun, um die Welt zu einem besseren Ort zu machen?“

Durch das Zusammenbringen von Menschen und die Installation von Communities – wie wir das bei Katapult Future Fest machen – können wichtige Diskurse mehr Menschen erreichen und größere Wirksamkeit entfalten.

Das hört sich spannend an! Und ich vermute, es gibt eine Menge Gleichgesinnter, die an einer besseren Welt arbeiten, hier in Williamsburg – wo wir heute sind. Erzähl uns doch mal, was für ein Viertel das ist.

Die meisten Leute würden Williamsburg als Hipsterviertel bezeichnen; und in vieler Hinsicht ist es das auch. Es ist überteuert, steckt voller Grünkohl (gerade das Modegemüse in den USA), Bärte und double-decker bikes, und bietet alle Hipster Klamotten, die man sich nur denken kann. Andererseits hat es diese Atmosphäre, diese Menschen und diese tausend Möglichkeiten, die es einem schwermachen, es nicht zu lieben.

Man kommt überall leicht mit dem Fahrrad hin, was ich liebe! Und übrigens würde ich gern mit dir durch die Gegend radeln, wenn du magst.

Ich kann mir keine bessere Art vorstellen, Williamsburg kennenzulernen. Was wirst du uns alles zeigen?

Na, es gibt hier so viel zu sehen, dass du ein paar Wochen hierbleiben müsstest. (Beide lachen.)

Aber mal ernsthaft, ich beschränke mich auf meine Favoriten. Wir besuchen meine Lieblingscoffeeshops, Freehold und Devocion, wo ich gern arbeite, wenn ich nicht im Büro bin. Dann fahren wir runter ans Wasser und schauen auf die Skyline von Manhattan, gehen durch den McCarren Park, holen uns ein Eis bei Van Leeuwen, fahren weiter zum neuen William Vale Hotel, dessen Dachterrasse spektakuläre Ausblicke bietet, und lunchen dann im sehr populären Five Leaves – das die besten Pfannkuchen der Stadt bietet.

Fantastisch, lass uns losfahren.

Mette biking in Brooklyn
Mette playing table tennis in Brooklyn
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Danke, dass du uns all diese großartigen Orte gezeigt hast.

Es war mir ein Vergnügen. Aber das Beste kommt noch! Ein Freund stellt uns seine Dachterrasse für eine Party zur Verfügung und Gerüchte besagen, dass wir Brunost Eiscreme machen werden.

Hausgemachte Brunost Eiscreme?

Natürlich hausgemacht. Wir werden die Eiscreme in einer Eismaschine von 1920 machen. Ich fand Freunde, die meine Passion für Eiscreme teilen und die Eismaschine zu Partys mitbringen.
Das ist ein Hit, sag ich dir! Und so köstlich Williamsburgisch und hipstermäßig wie nur möglich.

Mette making the brunost icecream


Hat einer von euch schon mal Eiscreme mit Brunost gemacht oder ist das eine Premiere?

Das ist mit Sicherheit eine Premiere, aber die Jungs sind immer für eine Herausforderung zu haben und wir sind sehr begierig, was Neues auszuprobieren.

Wir müssen die Besucherzahl wohl limitieren.

Ja, Einladung in letzter Minute. Die Leute sind begeistert, wenn es um Partybesuche geht. Um nicht zu viele Gäste anzulocken, habe ich den Termin erst einen Tag vorher bekanntgegeben. Bei gratis Brunost stellte ich mir vor, dass die Warteschlange einmal um den Block reicht. Alle sind gespannt darauf, den Käse zu probieren und etwas Prickelndes zu trinken.

Und du selbst, isst du viel Brunost?

Ja, das tue ich. Ich werde schon damit aufgezogen, dass ich zu viel „knekkerbrød with brunost" esse.

Hast du schon vielen deiner Freunde Brunost vorgesetzt?

Ein paar haben ihn schon probiert, aber viele noch nicht. Einige lieben ihn und die anderen, nun gut, ich denke, wir sind uns einig, dass wir nicht auf sie hören sollten.

(Beide lachen.)

Ich bin sehr gespannt, die Reaktionen auf die Eiscreme zu sehen! Vielleicht sollten wir aber auch Brunost pur anbieten.

Das sollten wir. Es macht immer Spaß, die Gesichter zu beobachten, wenn die Leute ihn probieren und einen salzig-würzigen Geschmack erwartet hatten.

Los geht’s!

Brunost in gold letters on a rooftop in Brooklyn


/Als ein Gast nach dem anderen erscheint, bleibt nur noch eins zu tun: die Eiscreme zubereiten, auf die sie alle warten. /

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Serving the brunost icecream
Brunost party on a rooftop in Brooklyn

Wir verlassen die Party mit großem Dank an Mette, dafür, dass sie uns Williamsburg gezeigt hat und uns zu einem einzigartigen Erlebnis verholfen hat: einer Brunost Party auf einer Dachterrasse in Brooklyn. Wir dürfen ruhigen Gewissens berichten, dass alle einen tollen Abend hatten und wer weiß, vielleicht erobert demnächst eine neue Eiscremesorte den US-Markt.