Aleksandr Tarkovskij Hemminghytt

Aleksandr Tarkovskij Hemminghytt

Interview: Bjarte Frøyland | Photograph: Rasmus Rolsted | Ort: Kopenhagen, Dänemark

Aleksandr Tarkovskij Hemminghytt wurde 1986 mitten in Oslo geboren und lebte dort bis zu seinem 24. Lebensjahr. Als Kind spielte er Zorro und lieferte sich Fechtduelle mit seinen Klassenkameraden. Aber was als purer Spaß begann, wurde bald ernst und Aleksandr machte eine 16-jährige Karriere als Fechter. Der Höhepunkt war der Gewinn einer Medaille bei der Fechtweltmeisterschaft der Junioren. Da Fechten eher eine kleinere Sportart ist und nicht besonders lukrativ, musste Aleksandr die Priorität auf Studium und Arbeit legen. Zuerst in Oslo, dann in Kopenhagen, wo er heute schon seit sechs Jahren lebt. Nachdem er Management of Creative Business Processes an der Copenhagen Business School studierte und als Experte für E-Commerce in den Werbe-, Sport- und Modebranchen arbeitete, ließ er sich in Kopenhagen nieder. Ganz aktuell sind sein neuer Job bei TOP–TOY, die Umgestaltung der Wohnung, die er mit seiner Freundin Amalie teilt und die Betreuung seines zwei Monate alten Kindes. Kein Zweifel, Aleksandrs Leben ist bewegt.

Ich habe ihn besucht, um etwas darüber zu erfahren, wie es einem Norweger in Kopenhagen geht. Und natürlich wollte ich wissen, wie er seinen dänischen Freunden Brunost vermittelt.

Aleksandr begrüßt mich und unseren dänischen Fotografen Rasmus an der Tür seiner Wohnung. Es ist Sonntag und ziemlich früh, aber irgendwie scheint er schon seit ein paar Stunden wach zu sein.

Wie geht’s, Aleksandr?

Gut, aber ganz anders. Seit wir unseren kleinen Wilhelm haben, steht Schlafen nicht mehr auf der Tagesordnung. Aber es ist wirklich aufregend.

Und ziemlich aktionsreich, kann ich mir vorstellen.

Kein Spaß. Mit einem Neugeborenen hat man deutlich weniger Zeit für sich selbst. Zu allem Überfluss gestalten wir auch noch die Wohnung um. Es gibt also genug zu tun. Aber wir finden immer noch Zeit für vergnügliche Dinge, wie Frühstück und Lunch heute.

Ich habe gehört, dass du auch einen neuen Job in einem Spielwarenunternehmen hast?

Ja, bei TOP–TOY, einem Unternehmen, das mehr als 300 Läden betreibt. Ich werde Traffic Manager in ihrem neuen E-Commerce-Bereich. Ich glaube, das wird ganz schön spannend.

Viel Glück dabei. Und was ist der Plan heute?

Zuallererst brauchen wir mal ein Frühstück. Dann wird meine Freundin Amalie einen Spaziergang mit Wilhelm unternehmen, bevor sie eine Freundin trifft. Und dann habe ich meinen dänischen Schwager zu einem norwegischen Lunch eingeladen.

Hört sich wie ein perfekter Sonntag an. Was gibt’s zum Frühstück?

Ich werde dänische und norwegische Küche kombinieren; hausgemachtes Roggenbrot mit Brunost und Marmelade. Guten Appetit.

Breakfast



Hat das Baby auch eure Ess- und Kochgewohnheiten verändert?

Wir haben natürlich viel weniger Zeit zu kochen, aber wir haben uns gut darauf vorbereitet und schon mal große Portionen zubereitet und eingefroren, bevor er zur Welt kam. Wenn wir jetzt keine Zeit zu kochen haben, machen wir einfach etwas warm.

Aber ihr versucht auch noch Zeit zum Kochen zu finden?

Ja, das stimmt. Kochen macht uns Freude, also wollen wir damit weitermachen, besonders am Wochenende, wenn wir beide nicht arbeiten müssen. Waffeln zum Beispiel! Ich verbinde damit schöne Kindheitserinnerungen und würde diese Tradition gern an Wilhelm weitergeben. Da Amalie nie Waffeln gemacht hat, muss ich mich wohl selbst darum kümmern.

Sagt er die Wahrheit, Amalie?

Doch, ja, Waffeln gehören nicht zu meinem Repertoire. Aber ich muss gestehen, ich mag sie.

Und das Frühstück? Roggenbrot mit Brunost?

Sehr interessant! Ich finde es etwas zu süß für ein traditionelles Frühstück, eher so eine Art Dessert. (Sie grinst.)

/ Wir begleiten Amalie auf ihrem Spaziergang durch das Viertel. Dabei erzählt Aleksandr, wie er nach Kopenhagen kam./

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Ich zog mit einigen Freunden im September 2011 hierher, um meinen Masterabschluss zu machen, und dachte, ich würde nach zwei Jahren nach Oslo zurückkehren. Aber dann habe ich Amalie getroffen. Nun haben wir eine gemeinsame Wohnung und ein Kind und ich werde hierbleiben. Vielleicht für den Rest meines Lebens, wer weiß?

/ Zurück in der Wohnung, wollen wir den Lunch vorbereiten. /

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Was darf denn dein Schwager zum Lunch erwarten?

Waffeln, Crème fraîche, Konfitüre und Brunost. Und Eiscreme mit Karamellsauce auf Brunost Basis.

Karamellsauce?

Ich hörte, die ist in Norwegen ziemlich populär, deshalb würde ich sie gern ausprobieren. Klingt etwas merkwürdig, wie ich zugeben muss. Aber natürlich möchte ich diesen Trend nicht verpassen, ich denke, es ist den Versuch wert! Die Waffeln sollen dagegen so klassisch wie möglich werden. Aber um ehrlich zu sein, ich tue schon ein wenig Brunost und eine Prise Kardamom in den Teig.

Making-Waffles-WEB


Ich muss dir eine Frage stellen, die einem Norweger, der sich überlegt nach Kopenhagen zu ziehen, durch den Kopf geht: Wie geht die Stadt mit einem Wikinger aus Norwegen um, der nach dem Klischee gleich nach der Geburt Ski fährt, wandert und 12 Monate des Jahres in Schneehöhlen nächtigt?

Aleksandr lacht. Kopenhagen ist fantastisch und Dänemark vielleicht das liberalste unter den skandinavischen Ländern. Es ist einfach nett, sein Bier draußen an den Kanälen zu trinken oder am Wochenende abends etwas länger unterwegs zu sein. Und Kopenhagen ist eine Stadt, die in vieler Hinsicht mehr Kultur hat als Oslo.

Natürlich genieße ich Kopenhagen auch, weil es für mich neu ist. Es steht im Kontrast zu den 24 Jahren meines Lebens, die ich in Oslo verbrachte. Nichts war neu – alles war Routine und ein wenig langweilig. Aber wenn ich heute Oslo besuche, mag ich es, in meiner Heimatstadt Tourist zu sein. Natürlich liebe ich Oslo immer noch und erlebe das familiäre Alltagsleben jetzt aus der Distanz auf neue Weise. Kurz gesagt, mein Leben in Dänemark beschert mir auch noch die Wohlfühlatmosphäre in meiner Heimatstadt.

Wie verschieden findest du die Esskultur?

In vieler Hinsicht ähnelt sich das Essen, aber der größte Unterschied ist, dass die Menschen in Kopenhagen öfter ausgehen. Da sind die Dänen etwas geselliger. Das liegt natürlich auch daran, dass es hier billiger ist, aber genauso wichtig ist, glaube ich, die Bandbreite des Restaurantangebotes; Kopenhagen hat eine bessere und breitere Auswahl als Oslo, zumindest zu der Zeit, als ich umzog.

Im Moment ist Street Food super angesagt, andererseits sind traditionelle Klassiker wie dänisches Pilsner und “Røde pølser” natürlich überall zu finden.

Bei all dieser Abwechslung – gibt es etwas aus Norwegen, das du vermisst?

Doch, das gibt es. Das Lustige ist, dass dies Sachen sind, von denen ich vor meinem Umzug nicht gedacht hätte, dass ich sie vermissen würde. Es muss daran liegen, dass der Zugang nicht mehr so leicht ist. Das Erste, was fehlt ist Smash – die norwegische Schokolade, die man hier nirgendwo findet. Eine andere wichtige Sache ist Brunost. Ja, klar, sie verkaufen ihn auch hier, aber ich glaube, in Dänemark bekommt man nur zwei Sorten. Ich vermisse die Brunost Varietäten! Und Mayo, norwegische Mayo – aus seltsamen Gründen.

/ Das Telefon klingelt /

Oh, das war mein Schwager. Er wurde in letzter Minute für eine Sonderschicht abgerufen.

Hey, dann bleibt mehr für uns, oder? Rasmus, was hältst du von Waffeln, Brunost und Konfitüre – die einzig wahre neue Kombi?

Rasmus, unser Kameramann, probiert und grinst:

Lunch in the garden

Das schmeckt wirklich gut zusammen. Aber ganz schön heftig. Süß und salzig gleichzeitig. Ich gestehe, kein Geschmack, an den ich gewöhnt wäre.


Finde ich prima, dass du offen bist für neue Kombinationen! Das kann einem viele gute Erfahrungen bescheren! Okay, zwei abschließende Fragen an euch zwei: Zu Besuch in Kopenhagen, wo sollte man essen gehen?

Rasmus: Meine absolute Empfehlung wäre das Nose2Tail Restaurant im Schlachthofviertel, tolle nordische Gerichte und eine große Getränkeauswahl.

Aleksandr: Papirøen ist eine prima Adresse für Street Food aus aller Welt. Sehr relaxed, tolle Atmosphäre und anständige Preise. Dann gibt es auch noch Torvehallerne, das so ähnlich wie Mathallen in Oslo ist – sehr populär zum Lunch und um seine Einkäufe zu erledigen. Als herkömmliches Restaurant würde ich auch Madklubben empfehlen, große Portionen zu einem fairen Preis.

Und die zweite, natürlich wichtigste Frage: Glaubt ihr, Brunost könnte auch hier in Dänemark ein Renner werden?

Aleksandr: Die meisten Dänen sind ein wenig skeptisch in Bezug auf Brunost oder Molkekäse, wie sie ihn nennen. Ich denke, das liegt daran, dass sie ihn im Kontext und im Vergleich zu herkömmlichem Käse sehen. Deswegen sind sie von dem ziemlich süßen Geschmack überrascht. Darum habe ich Brunost mit Konfitüre und Waffeln serviert. Also, ja, ich glaube er könnte ein Erfolg werden, wenn er im richtigen Kontext serviert wird.

Rasmus: Ich selbst bin kein großer Käseliebhaber, aber ich glaube, es gibt eine Menge Käsefreunde da draußen in Dänemark, die den neuen Geschmack von Brunost schätzen würden!

Danke für das Interview!